Wer an Kuba denkt, sieht die Gischt übersprühte Kaimauer des Malécon vor sich, bonbonfarbene Cadillacs mit Heckflossen, denkt an Patrizierbauten im Stil des spanischen Barock, an denen der Zahn der Zeit nagt und bunte Wäsche flattert, an Salsa und Son – und an Zigarren.
Kuba und die Zigarre sind untrennbar miteinander verbunden; Havanna, die Hauptstadt, zu ihrem Synonym geworden. Die Habano (Havanna) gehört zu den besten ihrer Art: An ihr entzünden sich – nicht nur sprichwörtlich – Feuer und Leidenschaft eines jeden Aficionados. Der einzigartige Tabak des Landes und die rund 300 Arbeitsschritte begründen ihre unerreichte Qualität.
Erst drei Jahre nach ihrer Ernte, kommt der Moment, in dem Tabakblätter zu einer Havanna werden. Im Herzstück der Zigarrenmanufaktur, der so genannten galera, fertigen die torcedores und torcedoras (Zigarrendreher) die Havannas vollständig von Hand – totalmente a mano.
Selbst für die größten und schwierigsten Formen braucht ein torcedor nur wenige einfache Werkzeuge: ein Holzbrett (tabla), ein Messer (chaveta), eine Hülse (casquillo), natürlichen Klebstoff (goma) und eine Guillotine. Mit dem Geschick langjährig geübter Hände und viel Fingerspitzengefühl fertigt der torcedor an seinem hölzernen Pult zwischen 60 und 120 Zigarren pro Tag, je nach Größe und Form.
Um den Gipfel dieser traditionellen Handwerkskunst zu erreichen und damit auch die größeren und komplizierteren Habanosformate herzustellen, braucht es zusätzlich eine natürliche Begabung. Inzwischen sind es meist Frauen, die Zigarren drehen, ansonsten hat sich die Arbeit der Dreher in über hundert Jahren nicht verändert.
Neben einer einwandfreien Arbeit der torcedores macht erst das Bestehen der strengsten Qualitätsanforderungen eine Zigarre zur Hanbano. Supervisores verfügen als langjährige Zigarrenroller über einen großen Erfahrungsschatz und überdurchschnittliche Fertigungskünste. Sie überwachen in der galera dauernd die Arbeit der ihnen unterstellten torcedores; prüfen die angewandten Techniken, die Fertigungsqualität und Maßgenauigkeit. Im zweiten Schritt gelangen die Zigarren nun zu den Experten der Qualitätskontrolle. Diese überprüfen Gewicht, Länge, Durchmesser, Festigkeit und Herstellungsqualität. Ihr besonderes Augenmerk liegt dabei auf einem makellosen Äußeren: dem gleichmäßig gedehnten Deckblatt und dem formgemäßen Aufbau des Zigarrenkopfes. Zigarren, die nicht der gewünschten Qualität entsprechen, werden keine Habanos.
Jede Manufaktur beschäftigt weitere kuriose Berufsgruppe: da ist beispielsweise die der Verkoster (catadores). Berufsraucher, könnte man sagen. Täglich probieren sie einige Zigarren und bewerten sie entsprechend der festgelegten Parameter: Aroma, Geschmack, Stärke, Zugwiderstand, gleichmäßiger Abbrand und allgemeine Qualität der Zigarre. In jeder Sitzung verkosten sie drei bis fünf Zigarrenformate (vitolas). Weichen die Zigarren vom Charakter der Marke oder des Formats ab, empfehlen die Verkoster die erforderlichen Anpassungen. Nach bestandener Qualitätskontrolle gönnt man den Habanos in der escaparate, der mit spanischer Zeder ausgekleideten „Schatzkammer“ der Zigarrenmanufaktur, ein wenig Ruhe.
Jede Manufaktur in Kuba stellt sorgfältig und gewissenhaft sicher, dass dieses edle Naturprodukt den höchsten Ansprüchen der Connaisseure und Aficionados in aller Welt genügt. Für diese entsteht der erste Eindruck durch die farbliche Harmonie der Deckblätter in jeder Zigarrenkiste: Alle Zigarren weisen exakt die gleiche Farbe auf, in einer gleichmäßig verlaufenden Schattierung: von dem dunkelsten Deckblatt ganz links wird diese nach rechts hin heller.